Geschichte von Altshausen
Zur Geschichte von Altshausen
Kelten und Römer
Die ältesten menschlichen Spuren auf der Altshauser Gemarkung stammen aus der Zeit zwischen dem 8. und 5. Jahrhundert vor Christus. Es sind die frühkeltischen Grabhügel bei Mendelbeuren. Im Jahre 15 vor Christus drangen die Römer in Oberschwaben ein. Die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Tiberius und Drusus, besetzten auch unser Gebiet und es wurde Teil der römischen Provinz Rätien. Über 400 Jahre dauerte hier die Herrschaft der Römer. Zeugnis ihrer Anwesenheit war neben den Römerstraßen auch der römische Gutshof, der einst am Rande des Riedes, rechts der Straße nach Ebersbach, stand. Ein römischer Gutshof war eine Art Herrenhaus, dessen Erwerbsgrundlage die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse war.
Die Grafen von Altshausen
Altshausen wurde wie alle anderen Hausen-Orte unserer Gegend in der Zeit der zweiten Alemannischen Landnahme, also im 8./9. Jahrhundert gegründet. Die älteste Urkunde mit der Namensnennung stammt aus dem Jahre 1004, wobei deren Echtheit manche Experten anzweifeln. In dieser Zeit residierten hier die einflussreichen Grafen von Altshausen. Sie waren die Herren des Eritgaus, eines Gebiets mit den heutigen Orten Biberach, Buchau, Mengen, Saulgau, Waldsee, Aulendorf und zeitweise auch noch des Affagaus, das sich auf die Orte Zwiefalten, Riedlingen und Hayingen ausdehnte. Diesem Grafengeschlecht entspross Hermann der Lahme, der auch als „Wunder des 11. Jahrhunderts“ bezeichnet wird.
Im 12. Jahrhundert orientierten sich die Grafen von Altshausen zunehmend in Richtung Veringen und übersiedelten schließlich dorthin. Durch Erbschaft kamen vermutlich noch im selben Jahrhundert die Grafen von Grüningen in den Besitz von Altshausen. Die Herrschaft Altshausen samt der Kirche, dem Patronatsrecht und dem Kirchensatz, also dem Recht, bei der Besetzung der Pfarrstelle mitzuwirken, ging somit auf die Grüninger über. Graf Hartmann von Grüningen verkaufte um das Jahr 1246 seinen Besitz in Altshausen an den Kämmerer Heinrich von Bigenburg.
Fast 550 Jahre Herrschaft des Deutschen Ordens
Der Deutsche Orden wurde im Jahr 1190 in der Stadt Akkon im Heiligen Land gegründet, um hilfsbedürftigen Kreuzrittern beizustehen. Als Zeichen ihrer Ordenszugehörigkeit trugen sie ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund.
Durch Schenkungen und Erbschaften kam der Deutsche Orden zu einem beträchtlichen Besitz. Auch in Altshausen gingen der Ort, das Schloss und Ländereien durch eine Schenkung in den Besitz des Deutschen Ordens über. Der großzügige Stifter war Heinrich von Bigenburg, der im Jahre 1264 seinen Altshauser Besitz in der Altshauser Kirche feierlich dem Deutschen Orden übertrug. Damit verbunden waren auch das Patronatsrecht der Pfarrkirche von Altshausen sowie das Pfründeeinkommen (meist war dies der Kirchenzehnt, also der zehnte Teil der Ernte). Heinrich von Bigenburg, der Gründer des Ordenshauses in Altshausen, wurde erster Komtur dieser Kommende, also Verwalter des Ordensbesitzes. Er selbst hatte den Sitz noch auf der Beienburg bei Blitzenreute. Doch schon sein Nachfolger, Komtur Friedrich von Aistegen-Baumgarten-Beienburg, verließ diese Burg und verlegte den Ordenssitz 1268 nach Altshausen. Von nun an suchten die „Brüder des Deutschen Hauses in Altshausen“ ihren Besitz durch Kauf oder Schenkungen zu vergrößern, was ihnen mit Erfolg gelang. Im Jahre 1389 bekam die Ordenskommende vom römisch-deutschen König Wenzel die Hohe Gerichtsbarkeit verliehen. Damit hatte sie nun auch das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden.
Der Deutsche Orden war hierarchisch gegliedert. So stand an seiner Spitze der Hochmeister, der zunächst auf der Burg Montfort bei Akkon residierte, danach in Venedig, seit 1309 auf der Marienburg an der Nogat in Polen und ab 1525 in Mergentheim. Ihm waren die Balleien (Ordensprovinzen) und der Ordensstaat an der Ostsee unterstellt. Den Balleien, denen ein Landkomtur vorstand, gehörten mehrere Kommenden (Ordenshäuser) an, die kein geschlossenes Territorium besaßen. Wie in Altshausen lag die Leitung der Kommenden in der Hand eines Komturs. Überliefert sind die Namen von 27 Komturen, die bis zum Jahre 1400 das hiesige Ordenshaus verwalteten. Die Altshauser Kommende entwickelte sich außerordentlich gut und gewann zunehmend an Bedeutung. Schließlich erwählte Heinrich von Schletten zu Beginn des 15. Jahrhunderts Altshausen zum ständigen Sitz des Landkomturs der Ballei Elsass-Burgund.
Dieser stand jener Ordensprovinz vor, die sich als nicht zusammenhängendes Herrschaftsgebiet von Rohr-Waldstetten bei Ulm bis ins Elsass und in die Schweiz erstreckte. Zum Besitztum der Ballei gehörten zahlreiche Kommenden, wobei ein stetiger Wandel zu verzeichnen war. So gingen in der Zeit der Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert mehrere Kommenden in der Schweiz verloren. Andere mussten verkauft werden, manche wurden käuflich erworben. Verschiedene Kriege, wie beispielsweise der Krieg der Eidgenossen gegen die Österreicher (Mitte des 15. Jahrhunderts) und der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) brachten verschiedenen Kommenden enorme Schäden. Landkomtur von Stain, der sich zur katholischen Liga bekannte, war 1638 gezwungen, vor feindlichen Truppen auf die Mainau und später nach Hitzkirch in die Schweiz zu fliehen.
Welche Bedeutung die hiesigen Landkomture hatten, zeigt die Tatsache, dass sie geistlich einem Abt und weltlich einem Grafen gleichgestellt waren. Auf den Kreistagen des schwäbischen Reichskreises führte der Landkomtur im 18. Jahrhundert die Grafen- und Herrenbank an. Außerdem hatte er im Reichstag einen Sitz auf der rheinischen Prälatenbank. Der Deutsche Orden unterhielt in Altshausen auch ein um 1550 gegründetes Priesterseminar, in dem beispielsweise im Jahre 1562 acht Priesterkandidaten ausgebildet wurden. Im Jahre 1735 wurde es im erst kurz zuvor erbauten Torhaus untergebracht. Direktor war der Hofpfarrer, der über die Sitten und das Studium zu wachen hatte.
Fast 550 Jahre gehörte Altshausen zum Deutschen Orden und war annähernd 400 Jahre Herrschaftssitz der insgesamt 29 Landkomture. Als im Zuge der Säkularisation 1806 die geistlichen Besitztümer aufgelöst wurden, bedeutete dies auch das Ende des Deutschen Ordens hier am Ort.
Altshausen wird württembergisch
Nach der Auflösung der Ordensherrschaft Altshausen stritten sich die Regenten aus Baden, Bayern und Württemberg um diesen Besitz, bis schließlich am 9. September 1806 die Kommende Altshausen im Namen Napoleons ans Königreich Württemberg übergeben wurde.
Im Jahre 1810 tauschte König Friedrich von Württemberg das in Bayern gelegene Privatfamiliengut in Weiltingen gegen das Schloss und die Herrschaft Altshausen. Zur Verwaltung der neuen Besitzungen in und um Altshausen wurde ein Hofkameralamt eingerichtet. Das Schloss war nun lange Zeit nahezu unbewohnt und diente lediglich hin und wieder als Absteigemöglichkeit für die königliche Familie bei Fahrten nach Friedrichshafen. Im Jahre 1919 wurde das Schloss aus seinem Dornröschenschlaf gerissen, als Herzog Albrecht von Württemberg mit seiner Familie hier einzog. Seither dient es als Residenz der herzoglichen Familie.
Drei Räuberbanden trieben ihr Unwesen
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis um 1820 trieben Räuberbanden in Oberschwaben ihr Unwesen. Die letzten drei waren die Banden des Schwarzen Veri, des Bregenzer Seppl und des Schleiferstoni. Sie stahlen bei ihren Beutezügen insbesondere Lebensmittel, Kleidungsstücke, Wertgegenstände und Geld. Ausgewählt hatten sie dazu oft einsame Höfe, in die sie häufig am Sonntagmorgen, wenn die Bewohner in der Kirche waren, eindrangen.
Noch 1819 fand man auf freiem Felde bei Altshausen folgenden Aufruf:
Wer den Galgen nicht scheut,
den die Arbeit nicht freut,
der komme zu mir,
ich brauche Leut’.
- Hauptmann einer Spitzbubenbande von 250 Mann.
Hopfenanbau
Auf Anordnung des württembergischen Königs Wilhelm I. wurde im Jahre 1821 das Hofkameralamt in Altshausen angewiesen, einen Hopfengarten anzulegen. Das Altshauser Hopfenanbaugebiet war somit um 23 Jahre älter als jenes um Tettnang. Der Altshauser Hopfen war qualitativ hochwertig und wurde wiederholt auf den großen Ausstellungen in Nürnberg, Tettnang und Paris sogar mit ersten Preisen ausgezeichnet.
In den Jahren 1870-1890 dürfte der Altshauser Hopfenbau seinen größten Umfang erreicht haben. So umfasste 1884 die Hopfenanbaufläche in und um Altshausen 353 Hektar. Es gab eine große Anzahl von Hopfenbauern und Hopfengärten, durch die mancher Altshauser Haushalt sein Einkommen aufbessern konnte. Bevor der Hopfen in der gemeinschaftlichen Hopfentrocknungsanlage beim Rathaus getrocknet wurde, gab es zahlreiche private Hopfendarren. In einem Hopfenbauverein, der die Interessen der Mitglieder vertrat und sie beim Verkauf unterstützte, waren die Hopfenbauern organisiert. Noch in den 1960er-Jahren besserten viele Frauen und auch Kinder durchs Hopfenpflücken ihr Haushalts- bzw. Taschengeld auf.
Verschiedene Rückschläge durch Stürme, Hagel, Schädlinge und die starke Konkurrenz Tettnangs mit besserem Klima und wo schon bald Hopfenpflückmaschinen zum Einsatz kamen, brachten schließlich 1978 das Ende des Hopfenanbaus in Altshausen. Heute erinnern nur noch das Gasthaus „Hopfen“, die Hopfenstraße, die Hopfendarre und die Fasnetsfigur Hopfenweible an diesen einst blühenden Zweig der Landwirtschaft in Altshausen.
Von der Zuckerfabrik zum Altenheim
Unter dem Protektorat des württembergischen Königs Wilhelm I. erbaute die badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation im Jahre 1837 in Altshausen eine Zuckerfabrik, die ein Jahr später ihren Betrieb aufnehmen konnte. In kurzer Zeit entwickelte sie sich zur größten Fabrik in ganz Oberschwaben. Anfänglich waren die Bauern nur mit Mühe für den Anbau von Runkelrüben zu motivieren. Daher befahl König Wilhelm seinen Domänepächtern von Altshausen und Umgebung Rüben anzubauen, damit die Zuckerfabrik ausreichend mit Rohmaterial versorgt werden konnte. Die Ansiedlung der Fabrik, in der saisonal mehrere Hundert Personen beschäftigt waren, hatte massive Auswirkungen auf die Gemeinde und das Gemeindeleben. Da der Betrieb der Zuckerfabrik Unmengen von Torf, Holz und selbstverständlich Rüben benötigte, kamen zahlreiche Fuhrwerke zur Anlieferung in den Ort, wodurch sich beispielsweise die Zahl der Gasthäuser und auch der Läden beträchtlich erhöhte.
Nachdem die Zuckerfabrik über Jahre ein blühendes und rentables Unternehmen war, sah sie sich durch Import von überseeischem Rohrzucker und neuen Fabriken im eigenen Land einem sich verstärkenden Konkurrenzdruck gegenüber. Schließlich wurde 1890 entschieden, die Zuckerfabrik nach etwas mehr als 60 Jahren wegen Unrentabilität zu schließen.
Das Fabrikanwesen stand mehrere Jahre leer und wurde schließlich im Jahre 1899 durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung erworben, die hier eine „katholisch-caritative Anstalt“ einrichtete. Für die Betreuung der Menschen in der als „Invalidenhaus St. Joseph“ bezeichneten Einrichtung konnten Ordensschwestern aus dem Kloster Reute gewonnen werden.
Heute ist der Wohnpark St. Josef Teil der St. Elisabeth-Stiftung und beherbergt ältere und pflegebedürftige Menschen.
Altshausen in jüngster Vergangenheit und heute
Altshausen wurde bei der Kreisreform am 1. Januar 1973 vom bisherigen Kreis Saulgau dem Kreis Ravensburg zugewiesen. Altshausen ist Sitz des Gemeindeverwaltungsverbandes, der 1972 seine Arbeit aufnahm. Durch die Übernahme von Verwaltungsaufgaben durch den Verband konnten die kleineren Gemeinden wie Boms, Ebenweiler, Ebersbach-Musbach, Eichstegen, Fleischwangen, Guggenhausen, Hoßkirch, Königseggwald, Riedhausen und Unterwaldhausen weiterhin ihre Selbständigkeit bewahren.
Im Zuge der Ortskernsanierung seit 1988 wurden zahlreiche Gebäude saniert und der Markplatz neu gestaltet. Ein Meilenstein in der Altshauser Geschichte war 1999 die Freigabe der Umgehungsstraße und 2000 die Eröffnung der Querspange.
Die Gemeinde Altshausen weist mit nahezu 50 Vereinen und Vereinigungen ein sehr reges Vereinsleben auf. Auch die Infrastruktur sowie die Grundversorgung mit Ärzten, Geschäften, Kindergärten, Grund-, Haupt- und Werkrealschule, Progymnasium, Förderschule, Hör- und Sprachzentrum, Altenheim, Sporthallen und einem Freibad am Alten Weiher machen Altshausen zu einer attraktiven Ortschaft.
Elmar Hugger 2022